Von den meisten Neujahrsvorsätzen bleibt nach wenigen Wochen lediglich das unangenehme Gefühl des eigenen Scheiterns übrig. Meist nehmen wir uns zu viel vor – und schmeißen beim ersten Rückschritt hin. Auch Selbstsabotage kann eine Rolle spielen. Die Forschung zeigt auch: Ziele erreichen hat viel damit zu tun, worauf wir uns fokussieren.
Das heißt? Nehmen wir uns etwas vor, liegt unser Fokus zunächst auf dem Licht am Ende des Tunnels: Dem Gehalt, dem sportlichen gesunden Körper oder dem rauchfreien Alltag. Das Ziel motiviert, die Mühe überhaupt auf sich zu nehmen. Legen wir los, verlieren wir es jedoch schnell aus den Augen und denken nur noch an den Weg dahin: Das tägliche frühe Aufstehen, das Joggen und Pizza-weg-lassen oder das Aushalten von Entzugserscheinungen. Wir fokussieren uns nicht mehr darauf, wofür wir das machen, sondern nur noch auf die Anstrengung, den Verzicht und die täglichen Mühen. Die oftmals schwerer wiegen als gedacht. Wer sich nicht immer wieder auf den Ausgangspunkt – das ursprüngliche Ziel – re-fokussiert, gibt eher auf.
Der Weg zum Ziel sollte nachhaltig sein
Wohl deshalb argumentiert der Papst der guten Gewohnheiten James Clear, das mit den Zielen einfach sein zu lassen. Statt an Zielen zu scheitern, sollten wir uns darauf konzentrieren, nachhaltige Gewohnheiten zu etablieren, sagt der Autor. Wer sich vornimmt, zwanzig Kilo abzunehmen, wird es schwieriger haben, als jemand, der sich stattdessen angewöhnt, täglich gesund zu essen und eine Stunde zu spazieren. So gelingen nämlich nachhaltige Veränderungen. Wenn wir bewusst regelmäßig etwas Gesundes essen, schaffen wir eine neue Gewohnheit, die wir irgendwann ohne große Mühen ausführen. Ziele haben den Nachteil, dass sie endlich sind: Hat man zwanzig Kilo abgenommen, ist das Ziel erreicht und es gibt keinen Grund mehr, sich anzustrengen – bis sie vielleicht zurückkommen. Wer sich hingegen einen gesunden Lebensstil aneignet, muss sich um Kilos meist keine Gedanken mehr machen.
Ziele sind dennoch wichtig, räumt sogar James Clear ein, weil sie eine Richtung vorgeben – und motivieren. Ideal ist also beides: Ein Ziel und ein Aktionsplan. Doch wie sorgen wir dafür, dass wir uns tatsächlich erreichbare Ziele setzen – individuell und auch im Team? So kann es besser klappen:
1. Suche Dir die richtigen Ziele aus
Jede Persönlichkeit hat unterschiedliche Werte und lässt sich von etwas anderem motivieren. Psycholog:innen unterscheiden bei sozialen Basis-Motiven zwischen Leistung, Macht oder Anschluss: Leistung heißt zum Beispiel, das eigene Können zu perfektionieren, besser zu werden oder sich mit anderen zu messen – klassisch bei Sportler:innen oder Musiker:innen. Ein stark ausgeprägtes Machtmotiv bringt Menschen dazu, gestalten und bewegen zu wollen, sich durchzusetzen und die Wirkung des eigenen Tuns spüren zu wollen. Ist das Anschluss- oder Bindungsmotiv stark ausgeprägt, motivieren uns soziale Kontakte und Anerkennung. Gute Ziele sollten im Einklang mit den eigenen Werten und Motiven sein, damit die Mühe sich auch lohnt.
Und was heißt das für mein Team?
Die Ziele sollten mit der Unternehmensvision übereinstimmen, damit die Mitarbeitenden wissen, wofür sie arbeiten. Kluge Vorgesetzte binden sie zudem in die Zielsetzung ein und betreiben kein Micromanaging – sie überlassen es vielmehr ihren Mitarbeitenden, wie sie ihre individuellen Stärken einsetzen, um die Teamziele zu erreichen. Am besten ist es, Team-Ziele zu formulieren, aber individuellen Beitrag messbar zu machen – damit alle am gleichen Strang ziehen und sich jede:r wertgeschätzt und für etwas verantwortlich fühlt.
2. Achtsame Menschen erreichen ihre Ziele besser
Wer bewusst durch den Tag geht, Zeit hat, auch mal durchzuatmen und zur Ruhe zu kommen, sich selbst und die eigenen Denkmuster kennt, tut sich wohl auch leichter damit, sich etwas vorzunehmen und es dann auch umzusetzen. Sich auf etwas zu fokussieren und dranzubleiben, ist eine kognitive Herausforderung: Wer die Tücken des eigenen Denkens durchschaut, kann diese auch besser bewältigen.
Und was heißt das für mein Team?
Hetze, Zeitdruck, Personalmangel, unklarer Workflow, unrealistisch hoher Workload und allgemein schlechte Organisation – alles, was vermeidbaren Stress verursacht, wird es Deinem Team schwerer machen, gute Leistungen zu erbringen. Achtsame Führung, klare Prozesse und genug Zeit und Raum, um auch mal nach links und rechts zu schauen, macht es deutlich leichter.
3. Rückschritte gehören dazu – plane für Schwierigkeiten vor und bleibe flexibel
Wie der NYU-Professor Dr. Peter Gollwitzer herausfand, erreichen wir unsere Ziele eher, wenn wir uns im Vorfeld auf Schwierigkeiten, Rückfälle und Probleme vorbereiten. Rückschritte sind Teil des Prozesses. Was natürlich nicht heißt, dass wir ständig daran denken sollten, was alles schieflaufen kann – Grübeln und Sorgenmachen bringen nichts als schlechte Laune. Einen Plan zu machen und gelassen zu bleiben ist hingegen sinnvoll. Wer sich das bewusst macht, bringt eine Prise nötigen Realismus ins Spiel und spart sich demotivierende Selbstvorwürfe. Und womöglich findest Du auf dem Weg zum Ziel, dass Du es ganz anders angehen solltest – auch dafür sind Rückschritte und Fehler da.
Und was heißt das für mein Team?
Gollwitzer spricht sich dafür aus, „Wenn-Dann-Pläne“ zu machen und sich auf mögliche Stolpersteine auf dem Weg zum Ziel vorzubereiten. Vielleicht keine schlechte Idee, ein “Wenn-Dann”-Meeting zum festen Bestandteil aller neuen Projekte zu machen. Eine Kultur, in der Ziele als Herausforderungen verstanden werden und Probleme offen angesprochen werden, sorgt zudem für psychologische Sicherheit, die gerade bei leistungsstarken Teams notwendig ist. Plane also Puffer ein und lass die Mitarbeitenden auf der Suche nach Lösungen kreativ werden.
4. Visualisierung und Monitoring helfen
Mehr Sport zu machen oder täglich 15 Minuten Training – welches Ziel ist wohl einfacher zu erreichen? Konkrete, klare, messbare Ziele sind leichter zu merken und zu verfolgen. Um den eigenen Fortschritt zu messen, sollte man ihn aber auch irgendwo festhalten. Eine Studie zeigte: Ziele schriftlich festhalten oder visualisieren und sie zum Beispiel einem Freund mitzuteilen hilft – allerdings nicht so sehr wie einen wöchentliches Status-Update.
Und was heißt das für mein Team?
Zwei Worte: Jour Fixe. Wer regelmäßig ein Status-Update im Team oder mit der Führungskraft hat, wird auch eher Zeit einräumen, um an den Zielen zu arbeiten. Konstruktives Feedback motiviert – und das Gefühl, am selben Strang zu ziehen und Probleme durchsprechen zu können, hilft ebenfalls, am Ball zu bleiben.
5. Umgebung, Umgebung, Umgebung
Wer abnehmen möchte, sollte lieber Äpfel statt Kekse auf dem Küchentisch liegen lassen. Das ist offensichtlich. Menschen, die Marathon laufen, schwören oft darauf, sich die Laufschuhe direkt neben das Bett zu stellen, damit sie es morgens leichter haben, in die Puschen zu kommen. Menschen, die an denselben Zielen arbeiten wie Du, eine passende Umgebung, kleine Veränderungen im Alltag – das Umfeld prägt uns und macht es leichter oder schwieriger, Ziele zu erreichen.
Und was heißt das für mein Team?
Wer von den Mitarbeitenden erwartet, dass sie konzentriert arbeiten, sollte sie vielleicht nicht in eine laute Umgebung ohne Rückzugsmöglichkeiten setzen. Gleiches gilt fürs Arbeitsklima: Wer möchte, dass das Team Herausforderungen bewältigt und Schwieriges leistet, sollte ein Klima schaffen, das es auch möglich macht – eins, wo Kreativität und Leistung belohnt werden und die Arbeitsbedingungen nicht krank machen. Wenn Menschen gern zur Arbeit gehen, arbeiten sie natürlich auch besser – und erreichen mehr.