addisca Report 2023
Der addisca Report 2023 - Jetzt an Befragung teilnehmen!
Metakognition - Gelassene Frau

Metakognition: Denken über das Denken

Metakognitive Fähigkeiten, also eine produktive Art, mit unseren Gedanken umzugehen, sind entscheidend für Deine psychische Gesundheit und Deine Stimmung. Was genau heißt Metakognition, was sind metakognitive Überzeugungen und wie steuern sie Dein Denken und Wohlbefinden?

Metakognition bedeutet: Denken über das Denken.

Wir Menschen sind eine besondere Spezies: Wir können über unsere Gedanken nachdenken. Wir können unsere Entscheidungen reflektieren, unseren Fokus verlagern und uns Wissen darüber aneignen, wie unsere Gedanken funktionieren – um beispielsweise schneller zu lernen, weniger zu grübeln oder bei der Arbeit bessere Ideen zu generieren, etwa bei einem Brainstorming.

Dieses Denken über Denken nennt man Metakognition: Kognition bedeutet Verständnis, Wissen, Denken, meta heißt über. Wenn wir sagen: “Ich bin schlecht in Mathe” oder: “Es ist wichtig, positiv zu denken”, “Ich kann mich gerade nicht so gut konzentrieren” oder: “Ich denke jetzt lieber über etwas anderes nach”, wenn wir neue Lernstrategien ausprobieren, unsere Gedanken wahrnehmen, uns bei einem Gedankenkarussell ertappen – das alles ist Metakognition.

Warum ist Metakognition wichtig?

Metakognition entscheidet darüber, wie gut wir in der Lage sind, unsere Denkprozesse zu steuern. Und das wiederum hat weitreichende Folgen für unser Wohlbefinden: Denn die Art, wie Du mit Deinen Gedanken umgehst – oft, ohne Dir dessen überhaupt bewusst zu sein – ist ausschlaggebend für Deine psychische Gesundheit. Sie entscheidet zum Beispiel darüber:

  • Wie Du mit Stress, Belastungen, Zeitdruck oder Veränderungen umgehst
  • Wie gelassen Du durch den Alltag gehst
  • Wie Du mit Konflikten umgehst: Ob Du sie eskalieren lässt oder besonnen und konstruktiv bleibst, ob Du lange auf Verletzungen herumkaust oder gut loslassen kannst
  • Wie gut Du Dich auf etwas fokussieren kannst
  • Wie motiviert, produktiv und leistungsfähig Du bist
  • Wie gut Du abschalten und Dich tatsächlich erholen kannst
  • Welche Entscheidungen Du triffst und wie lange Du dafür brauchst – und über vieles mehr

Sprich: Metakognition ist in so ziemlich allen Lebenslagen wichtig. Sie steuert sozusagen den Ball in Deinem Kopf, der Deine Gefühle und Dein Verhalten beeinflusst. Das ist der Ausgangspunkt der Metakognitiven Therapie (MCT), die von Adrian Wells entwickelt wurde, sich vor allem mit Denkprozessen beschäftigt und in der Behandlung von Depressionen bis zu Angststörungen mit großem Erfolg angewendet wird.

Was sind Metakognitionen?

Jeder Mensch hat metakognitive Überzeugungen. Zum Beispiel die oben genannte: „Es ist wichtig, lange und ausgiebig nachzudenken, um zu guten Entscheidungen zu kommen“ oder auch: „Gedanken können gefährlich sein.“

Achtung, Verwirrungsgefahr: Solche Überzeugungen über Dein Denken werden ebenfalls Metakognitionen genannt. Deine Metakognitionen, also Deine Überzeugungen über Dein Denken, bestimmen vor allem, inwieweit Du Gedanken, Gefühlen und Empfindungen Aufmerksamkeit schenkst.

Wir alle haben von Zeit zu Zeit unangenehme Gedanken, dagegen ist nichts zu machen. Evolutionsbiologisch haben sie sogar einen Zweck: uns vor Gefahren zu schützen. Verharren wir jedoch zu lange darin, kreisen zu oft um Katastrophen oder Unzulänglichkeiten, geht’s uns schlecht. Nachgewiesenermaßen können solche Gedankenkreise auf Dauer sogar psychische Störungen begünstigen. Die Forschung nennt vor allem drei ineffektive und auf Dauer schädliche Denkprozesse: Grübeln, Sich-Sorgen und Hadern, sprich: langes Ärgern.

Ob wir in solchen ineffektiven Denkprozessen verharren, sprich, ob wir uns hineinsteigern, ist abhängig von unseren metakognitiven Überzeugungen. Wenn Du denkst: „Ich muss meine Fehler genauestens analysieren, damit ich sie in Zukunft vermeiden kann“, führt es naturgemäß dazu, dass Du öfter um Deine Fehler oder vermeintliche Unzulänglichkeiten kreist – mit Konsequenzen für Deine Stimmung, Dein Selbstwertgefühl und Dein Weltbild.

Metakognitive Überzeugungen sind also zentral für Dein Wohlbefinden und Deine Leistungsfähigkeit, denn sie bestimmen, worauf Du Deine Aufmerksamkeit richtest und welche Strategien Du anwendest, um Deine Gedanken und Gefühle zu regulieren. Sie begünstigen ineffektive Denkprozesse wie Grübeln, Sich-Sorgen oder Hadern – und verstärken so Stress und unangenehme Gefühle.

Diese oder ähnliche metakognitive Überzeugungen können dazu führen, dass wir in ungünstigen Strategien länger verharren, als wir sollten:

  • Bestimmte Gedanken können mir gefährlich werden.
  • Wenn ich die Zukunft akribisch vorplane, bin ich vorbereitet und vermeide Probleme. 
  • Wenn meine Gedanken über die Zukunft oder die Vergangenheit kreisen, dann kann ich nicht damit aufhören.  
  • Ich muss Fehler lange und genau analysieren, um Lösungen und Antworten zu finden.

Metakognitive Überzeugungen aktivieren Bewältigungsstrategien im Umgang mit belastenden Gedanken.

Beispiel: Ineffektive Denk- und Bewältigungsprozesse

Ineffektive Denk- und Bewältigungsprozesse
Vereinfachtes S-REF-Modell nach Wells & Matthews (1996)

Folgende ineffektive Strategien kennen wir alle – manche mehr, manche weniger:

  1. Übermäßiges Sorgenmachen oder zu akribisch die Zukunft planen wollen. 
  2. Zu lange grübeln, hadern und ärgern – oder analysieren der Gedanken und Gefühle. 
  3. Ungünstige nach innen gerichtete Selbstaufmerksamkeit – z. B. Stimmungs- oder Motivations-Check, Monitoring nach Gefahren, ständiges Versichern, ob auch nichts gerade wehtut oder im Körper „schiefläuft“. 
  4. Ungeeignete Bewältigungsstrategien: Gedanken und Gefühle vermeiden oder unterdrücken, beispielsweise durch Workaholism, sich betäuben mit Alkohol, Drogen, Handy oder Serien-Binging, Situationen vermeiden, Isolation, häufige Suche nach Beruhigung von außen etc.  

Diese Strategien werden in der Fachwelt als kognitives Aufmerksamkeitssyndrom bezeichnet. Klingt ziemlich pathologisch, aber tatsächlich verfallen wir alle ab und zu in diese typisch menschlichen Verhaltensweisen. Mit den richtigen metakognitiven Fertigkeiten ist das auch kein Problem, denn sie helfen, nicht allzu lange in solchen Denkprozessen zu verharren – und auch bessere Strategien im Umgang damit zu finden.

Was sind metakognitive Fertigkeiten?

Die Orchestermetapher von Adrian Wells, dem Entwickler der Metakognitiven Therapie, hilft, diesen Mechanismus zu veranschaulichen.

Deshalb sind gesunde metakognitive Fertigkeiten zentral. Sie bestimmen, wie gesagt, ob und wie lange wir in ineffektiven Aufmerksamkeits- und Denkprozessen verharren. Und damit, wie wir uns fühlen.

Und was genau sind metakognitive Fertigkeiten? Zum Glück ist der metakognitive Ansatz relativ simpel.

Wichtig ist das Wissen um Deine Metakognitionen: Dass es welche gibt, die Dein Denken vielleicht ungünstig lenken, und dass Du diese Überzeugungen ändern kannst, kann Dich von der gefühlten Notwendigkeit befreien, an Gedanken ewig “herumzukauen” oder sie verdrängen zu wollen.

Die andere zentrale Fertigkeit ist die Losgelöste Achtsamkeit – die Fähigkeit, Dich von Deinen Gedanken zu distanzieren. Was das heißt, und wie sie Dir hilft, kannst Du hier nachlesen.

Die dritte “Säule” des metakognitiven Ansatzes ist Deine Aufmerksamkeit. Für Dein Wohlbefinden ist es wichtig, dass Du mit Deinem Fokus da bist, wo Du auch sein möchtest, sprich: Bei dem, was Dir gerade wichtig ist, ob es die Arbeit, das Gespräch mit Freunden oder die Erholung ist. Hast Du damit Schwierigkeiten, kann ein Aufmerksamkeitstraining helfen.

Fassen wir kurz zusammen:

  • Wir sind in der Lage, über das eigene Denken nachzudenken – das nennt sich Metakognition.  
  • Jeder Mensch hat metakognitive Überzeugungen (Metakognitionen), die bestimmen, inwieweit wir Gedanken, Gefühlen und Empfindungen Aufmerksamkeit schenken. 
  • Das hat Konsequenzen für unser Wohlbefinden, unsere psychische Gesundheit und unser Verhalten – also für das ganze Leben.  
  • Ungünstige Denkmuster wie Grübeln, Sich-Sorgen oder Hadern können uns das Leben ziemlich vermiesen.   
  • Metakognitive Fertigkeiten verhindern das: Sie helfen, sich von ungünstigen Gedanken zu distanzieren, konstruktiv mit den eigenen Denkprozessen umzugehen und ungünstige Bewältigungsstrategien zu vermeiden.  

Wie funktioniert der metakognitive Ansatz?

Kannst Du Dich an alle Gedanken erinnern, die Dir gestern durch den Kopf gegangen sind? Vielleicht erinnerst Du Dich an manche davon, aber die meisten der mehreren tausend Gedanken kommen und gehen von alleine wieder. 

Und doch beschäftigen uns manche Gedanken mehr als andere: Der Streit auf der Arbeit, das kranke Kind, die verpasste Karrierechance. Einige Gedanken drängen sich fast auf. Sie tauchen zu unmöglichen Zeiten auf: kurz vor dem Schlafen oder dann, wenn wir uns gerade richtig auf etwas konzentrieren wollen. Was unterscheidet diese Gedanken von den anderen, die wir sofort wieder vergessen? Warum haben wir den Eindruck, einige Themen lassen uns nicht mehr los, obwohl wir das eigentlich wollen? 

Das beantwortet das Self-Regulatory Model (Wells& Matthews, 1996). Es beleuchtet den Umgang mit den eigenen Gedanken und Gefühlen und ist Grundlage des metakognitiven Ansatzes. 

Die Forschung zeigt, dass es gar nicht so entscheidend ist WAS wir denken, sondern WIE wir denken. Die Art und Weise, wie wir mit den eigenen Gedanken umgehen, sprich, unsere Strategien (Denkmuster, Aufmerksamkeitssteuerung) sind ausschlaggebend dafür, wie gut wir mit Zeitdruck, einer hohen Arbeitslast, mit Veränderungen im Unternehmen oder mit schwierigen Kunden:innen umgehen können. 

Daher setzt Metakognition bei den gedanklichen Prozessen an – und nicht beim Inhalt der Gedanken. 

Der Unterschied zwischen dem metakognitiven Ansatz und den kognitiven Ansätzen im Bereich der Stressprävention:  

Metakognitiver Ansatz Kognitiver Ansatz
Ein wissenschaftlich abgeleitetes Modell über die Funktionsweise der Denkprozesse, das einen anderen Umgang mit ungünstigen Gedanken vermittelt.
Ein Konzept, das auf Veränderung dysfunktionaler Grundannahmen basiert: Der Inhalt der Gedanken muss verändert werden, um sich besser zu fühlen und anders zu handeln.
Identifiziert die Einstiegsgedanken in ungünstige Denkmuster und sensibilisiert für generell ungünstige Bewältigungsmuster (situationsübergreifend).
Identifiziert ungünstige Gedanken und versucht, diese inhaltlich zu verändern. Prüfung des Wahrheitsgehaltes eines Gedankens (situativ).
Geht nicht auf den Inhalt der Gedanken ein, sondern auf den Umgang mit ihnen.
Gedankliche Verzerrungen sollen durch „rationalere“ ersetzt werden.
Veränderung megakognitiver Überzeugungen soll ungünstige Denk- und Aufmerksamkeitsmuster verändern.
Kognitive Umstrukturierung: aus negativen Gedanken funktionale oder positive machen.
Flexibilisierung der eigenen gedanklichen Prozesse durch die Anwendung der Losgelösten Achtsamkeit, sodass sich das System selbst runterregulieren kann.
Vermittelt Entspannungsverfahren, die unangenehme Zustände beenden sollen.

Vorteile von Metakognition

Meist fehlt es nicht an Wissen, was man eigentlich tun sollte, sondern an Strategien, die alten, nicht hilfreichen Verhaltensweisen zu durchbrechen. Genau hier setzt Metakognition an: 

  • Das Konzept lebt von „Weniger ist mehr“ – „stundenlange“ Meditationen oder Entspannungsverfahren sind nicht nötig.   
  • Einmal verstanden, ist der metakognitive Ansatz auf alle Situationen, privat oder beruflich, übertragbar – und lässt sich quasi nebenbei anwenden.  
  • Metakognition schafft ein Bewusstsein dafür, wann welche Denkprozesse sinnvoll sind und wie wir ungeeignete Denkangewohnheiten ablegen – mit Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und unser Verhalten.  
  • Eine Veränderung Deiner Metakognitionen ist wie ein Upgrade für Dein inneres Betriebssystem, auf das Du jederzeit zurückgreifen kannst – auch im Stress.  
Martin Hauptmeier über addisca
Play Video about Martin Hauptmeier über addisca

Dipl. Psychologe und MCT-Trainer Martin Hauptmeier spricht im Video über Metakognitionen und wie sie uns im (Berufs-) Alltag beeinflussen.

Metakognitionen im Alltag

Die Forschung zeigt: Metakognitive Fertigkeiten spielen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen eine Rolle. Kein Wunder, denn die Art und Weise, wie wir denken und fühlen ist wie ein roter Faden, der sich durch das ganze Leben zieht. 

Besonders wichtig für Deine Gesundheit sind Deine Fertigkeiten, die eigenen Denkprozesse zu steuern (Wells, 2009). Daher ist die Schlüsselfertigkeit des metakognitiven Ansatzes, die Losgelöste Achtsamkeit.  

Metakognition und Lernen und Leistungsfähigkeit

Der Begriff Metakognition wurde schon 1980 in der pädagogischen Psychologie verwendet. Die Pädagogik weiß schon lange, dass metakognitive Fertigkeiten zentral für das Lernen und das Aneignen neuen Wissens sind (McCormick, 2003). Gute Schüler haben daher meist ein gutes metakognitives Wissen darüber, wann sie genug gelernt haben, um etwas reproduzieren zu können. Schlechte Schüler über- oder unterschätzen das oft. Sie sind sich beispielsweise sicher, „ich kann alles schon“, obwohl sie das Wissen nicht abrufen können.

 

In solchen Fällen ist es gut, ein metakognitives Bewusstsein zu haben. Das weist darauf hin, dass der Gedanke „ich kann alles“ trügerisch sein kann, im besten Fall also ignoriert werden und nicht handlungsleitend sein sollte. Das und noch viele andere Beispiele zeigen, dass wer eine gute metakognitive Kontrolle besitzt, auch effektiver lernen kann.

Metakognitionen und Stress auf der Arbeit

Der Zusammenhang zwischen metakognitiven Fähigkeiten und arbeitsbedingtem Stress wird in der Forschung immer deutlicher.

 

Gestresste Menschen wenden oft nicht hilfreiche Bewältigungsstrategien an, um mit den stressigen Ereignissen am Arbeitsplatz fertig zu werden:

  • mehr arbeiten, keine Pausenzeiten, Überstunden
  • ungesunde Essgewohnheiten
  • Reduktion von Sport und sozialen Kontakten
  • Beruhigungsversuche: mehr Alkoholkonsum, Zigarettenrauchen, Schlafmedikation

 

Arbeitsbedingter Stress führt oft dazu, dass Menschen unbemerkt in eine ungünstige Verarbeitungsspirale rutschen: Sorgen über die Arbeit, negative Beziehungen zu Kolleg:innen und Vorgesetzten sowie über die eigene Leistung und Zukunft, häufiges Grübeln nach Lösungen. Genau diese Denkmuster führen zu weiteren stressbedingten Symptomen: Schwierigkeiten, abschalten zu können, Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen oder zunehmende Verspannungen.

 

Eine qualitative Untersuchung aus Dänemark (De Dominics et. al, 2021) zeigt, dass der Einsatz metakognitiver Techniken den Stresslevel signifikant reduzieren kann.

 

Originalzitate aus der Untersuchung (De Dominics et. al, 2021):

 

  • „Ich habe gelernt meine Gedanken in Ruhe zu lassen und das macht mich deutlich weniger gestresst“ [“I have learned to leave my thoughts alone and it makes me far less stressed”] —RL
  • „Ich mache mir viel weniger Sorgen, fühle mich erleichtert, ruhig und glücklich. Es ist unglaublich, dass ich so viel in so kurzer Zeit gelernt habe - etwas, das ich mein ganzes Leben lang lernen wollte [“I worry a lot less, feel relieved, calm and happy. It is unbelievable that I have learnt so much in such short time – something I have spent my whole life learning”] —AJ.
  • „Ich hätte nicht gedacht, dass die Therapie eine so große Wirkung haben würde. Ich konzentriere mich jetzt darauf, meinen negativen Gedanken keine Energie zu geben, und das Tu-Nichts hat mich sehr glücklich gemacht. (. . . ) Es ist chaotisch auf der Arbeit, ich bin allein in meinem Team, alle meine Kollegen sind krank und haben Stress, aber ich mache mir keine Sorgen und fühle mich nicht gestresst.“ [“I didn’t imagine that the therapy would have such a big impact. My focus is now not to give my negative thoughts energy, and that doing-nothing has made me very happy. (. . . ) It is chaotic at work, I am alone in my team, all my colleagues are off work sick with stress,but I don’t worry about it and I don’t feel stressed”]—SH.

 

Ähnliche Erfahrungen berichten Teilnehmende der Präsenztrainings von addisca in den jährlich stattfinden Evaluationen (Link Ergebnisse addisca)

Weitere Forschungsergebnisse: 

 

Metakognitionen haben Einfluss darauf, ob wir mit Stress funktional umgehen. In ihrem Buch „Glücksfaktor Stress: Warum Stress uns erfolgreich und gesund macht“ beschreibt Kelly McGonigal, Psychologin an der Stanford University, Ergebnisse der Stressforschung. Diese zeigen, dass Menschen mit negativen metakognitiven Überzeugungen wie „Stress ist gefährlich für den Geist und den Körper“ ein höheres Risiko haben, chronischen Stress zu entwickeln.

 

Weitere Studien zeigen, dass Metakognition sowohl mit wahrgenommenem Stress als auch mit negativen Emotionen (Angst und Depression) positiv und signifikant zusammenhängen (Spada et al., 2008). Metakognitionen scheinen die Beziehung zwischen wahrgenommenem Stress und negativen Emotionen zu moderieren.

 

Das heißt: Je günstiger Deine metakognitiven Überzeugungen sind, umso geringer sind unangenehme Emotionen ausgeprägt, die in Zusammenhang mit Deinem wahrgenommenen Stress auftreten.

Metakognition und soziale Kompetenzen

Wenn „komische“ Verhaltensweisen zu zwischenmenschlichen Problemen führen, dann laufen nicht selten unbewusst ungünstige Denk- und Aufmerksamkeitsprozesse im Hintergrund ab.

 

Hinter folgenden Verhaltensweisen können sich beispielsweise Ängste und Sorgen verstecken:

  • Arrogantes oder von oben kontrollierendes Verhalten
  • Rückversicherungen bei anderen suchen
  • Keine Verantwortung übernehmen wollen
  • Entscheidungen herauszögern
  • Fehlende Kritikfähigkeit: Sich schnell angegriffen fühlen und zurückschießen
  • Sich nicht wehren, keine Grenzen setzen, unterordnen, erdulden, Konflikte vermeiden
  • Es allen rechtmachen wollen
  • Perfektionismus
  • Prokrastination

 

Eine aktuelle Studie legt nahe: Ungünstige Metakognitionen scheinen zwischenmenschliche Schwierigkeiten zu begünstigen. Darin zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Überzeugungen bezüglich der Kontrollierbarkeit und Gefährlichkeit von Gedanken und dem Auftreten ungünstiger zwischenmenschlicher Verhaltensweisen (Nordahl et al, 2021).

Metakognition und Perfektionismus

Perfektionismus wird oft gleichgesetzt mit Menschen, die 200 % von sich verlangen.

 

„Top-Performer“ im Unternehmen zu haben ist natürlich super, oder? Grundsätzlich ist ein hoher Anspruch an sich nicht problematisch. Häufig stressen sich perfektionistische Menschen aber, indem sie…

  1. ständig die Sorge haben, fehlerhaft zu arbeiten und den Ansprüchen anderer nicht zu genügen,
  2. übermäßig viel Zeit benötigen, durch den Fokus auf übermäßige Fehlervermeidung
  3. häufig mehr eigene Unzulänglichkeiten fokussieren
  4. sich selbst stärker kritisieren, eigene Erfolge tendenziell eher abwerten
  5. sich bei Rückschlägen selbst blockieren durch Grübeleien, anstatt aktiv Probleme zu lösen.

 

Diese Denk- und Aufmerksamkeitsmuster können das eigene Wohlbefinden und die Arbeitsleistung ganz schön beeinträchtigen.

 

Auch in diesem Bereich scheint der metakognitive Ansatz vielversprechend. Denn: Eine Untersuchung von Fearn et al. (2022) konnte zeigen: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Perfektionismus, einem negativen Selbstwertgefühl und der Tendenz, selbstkritisch zu grübeln.

 

Spannend ist, dass die eigenen Metakognitionen diesen Zusammenhang beeinflussen:

 

Je mehr Überzeugungen Du hast hinsichtlich der Unkontrollierbarkeit und der Nützlichkeit von selbstkritischem Grübeln – etwa „Ich reflektiere, was ich Dummes in der Vergangenheit getan habe, um meine Motivation zu erhöhen, mich mehr anzustrengen“ – desto mehr grübelst Du selbstkritisch, und desto negativer ist Dein Selbstwertgefühl.

 

Wer also an den eigenen Metakognitionen arbeitet, kann nicht nur die eigenen perfektionistischen Tendenzen zügeln, sondern auch durch Reduktion übermäßiger Selbstkritik das eigene Selbstwertgefühl stärken.

Metakognition und Entscheidungen

Brötchen oder Müsli, Fahrrad oder Auto, lieber anrufen oder Mail schreiben? Tagtäglich treffen wir unzählige Entscheidungen.  

 

Wer in der Lage ist, die Qualität eigener Entscheidungsprozesse zu überwachen, zu bewerten, kann sich bei typischen Denkfehlern ertappen und vermeidet, zu viel Zeit oder Ressourcen für Entscheidungen aufzuwenden. 

 

Eine Harvard-Studie (Lane et al, 2022) deutet darauf hin, dass Experten dazu neigen, gut umsetzbare, aber weniger neuartige Lösungen als qualitativ hochwertiger einzustufen. Die Machbarkeit wird höher gewichtet, dafür werden riskantere, aber innovative Lösungen möglicherweise weniger bevorzugt und eher außer Acht gelassen. Oft bremsen eigene Sorgenprozesse und Unsicherheiten auf diese Art potenzielle Innovationen aus. 

Maximierer oder Satisficer? Welcher Typ bist Du?  

Satisficer: Wenn Du Dir bei einer Entscheidungsfindung Mindestkriterien überlegst und zuschlägst, sobald diese erreicht sind, dann bist Du ein Satisficer. Solche Menschen treffen gute, akzeptable Entscheidungen und haben nicht den Anspruch, die beste Entscheidung mit dem allergrößten Nutzen zu treffen. Sie können Entscheidungen schneller treffen und sind häufig zufriedener.  

 

Maximierer wollen dagegen die optimale Entscheidung treffen, mit der sie den größtmöglichen Nutzen haben. Sie jagen der bestmöglichen Entscheidung hinterher, sind am Ende allerdings weniger zufrieden. Tatsächlich zeigen zahlreiche Studien, dass Maximierer häufig weniger effektiv sind, länger Zeit benötigen, im Anschluss Entscheidungen häufiger bedauern, sich ungünstig sozial vergleichen, ein geringeres Selbstwertgefühl haben und ein höheres Risiko für Depressionen und Perfektionismus tragen (u. a. Schwarz et al., 2002). 

 

Deshalb: Wer auf der Suche nach der besten Entscheidung ist und verschiedene Optionen ausdauernd analysiert, abwägt und vergleicht, profitiert von metakognitiven Fertigkeiten. Denn auch in diesem Zusammenhang wird deutlich: Wer zu lange in ungünstigen Denkprozessen verharrt, minimiert die eigene Lebenszufriedenheit und Leistungsfähigkeit. 

Metakognition, Führung und emotionale Intelligenz

Daniel Goleman, Richard Boyatzis und Annie McKee (2002) haben sich in ihrem Bestseller „Emotionale Führung“ mit folgenden Fragen auseinandergesetzt:  

  • Welche emotionalen Ressourcen brauchen Führungskräfte, um zwischen Chaos und turbulenten Veränderungen ihre Aufgabe zu meistern? 
  • Was gibt einer Führungskraft die innere Stärke, auch bei äußerst unangenehmen Wahrheiten ehrlich und aufrichtig zu bleiben? 
  • Wie bringt eine Führungskraft die Mitarbeitenden dazu, ihr Bestes zu geben? 
  • Wie schaffen Führungskräfte ein emotionales Klima, das kreative Innovationen, Höchstleistungen und gute, dauerhafte Kundenbeziehungen fördert?  

 

Eine Schlüsselfertigkeit sei die emotionale Intelligenz, die sich aus fünf Bereichen zusammensetze: 

  • Selbstwahrnehmung: Wissen über die eigenen Denk-, Aufmerksamkeits- und Verhaltensmuster. 
  • Selbstregulierung: Zielorientierte Steuerung der eigenen Innenwelt (Gedanke, Gefühle). 
  • Motivation: Fähigkeit, eigene Ziele zu verfolgen (Klarheit über Werte). 
  • Empathie: Fokus auf das Gegenüber lenken. Dabei ist Distanzierung von eigenen Bewertungen die Voraussetzung für Einfühlungsvermögen, was wiederum begünstigt, dass andere sich verstanden fühlen.  
  • Soziale Fähigkeiten: z.B. das Geschick, sich so zu verhalten, dass andere einem gerne folgen. 

 

Offensichtlich tun auch hier metakognitive Fertigkeiten eine Menge: Wer eigene Denk- und Aufmerksamkeitsmuster kennt und diese steuern kann, kann sich emotional intelligent verhalten, Netzwerke schaffen, psychologische Sicherheit fördern, Mitarbeitende coachen und Potenziale entwickeln. Unternehmenskulturen gestalten und authentisch führen wird durch funktionale metakognitive Überzeugungen und Fertigkeiten begünstigt.  

Neugierig? – Welche Metakognitionen hast Du?

Metakognitionen sind nicht in Stein gemeißelt. Jeder Mensch kann sich seiner Denkprozesse bewusstwerden und diese optimieren. Du hast jetzt richtig Lust, Dich mit Deinen Metakognitionen näher zu beschäftigen? Dann melde Dich für unseren kostenfreien Crashkurs an. In nur fünf E-Mails erfährst Du mehr über Metakognition und wie sie Dir hilft.

Crashkurs: Metakognition verstehen – in 5 E-Mails

In den nächsten fünf Wochen erhalten Sie eine E-Mail pro Woche und lernen wichtige Basics über Ihre Denkprozesse und welche Rolle Metakognitionen dabei spielen. 

Spada M., Nikčević A., Moneta G.B., Wells A (2008). Metacognition, perceived stress, and negative emotion. Personality and Individual Differences, Volume 44, 1172-1181. 

De Dominicis S., Troen M.L. and Callesen P. (2021) Metacognitive Therapy for Work-Related Stress: A Feasibility Study. Front. Psychiatry 12:668245. doi: 10.3389/fpsyt.2021.668245 

Wells, A. (2009). Metacognitive Therapy for Anxiety and Depression. New York: Guilford Press. 

Wells A, Matthews G. Modelling cognition in emotional disorder: the S-REF model. Behav Res Ther. 1996 Nov-Dec;34(11-12):881-8. doi: 10.1016/s0005-7967(96)00050-2. PMID: 8990539. 

McCormick, C. B. (2003). Metacognition and learning. In W. M. Reynolds & G. E. Miller (Eds.), Handbook of psychology: Educational psychology, Vol. 7, (pp. 79–102). John Wiley & Sons 

McGonigal, Kelly (2018). Glücksfaktor Stress: Warum Stress und erfolgreich und gesund macht. Stuttgart: Trias Verlag in Georg Thieme Verlag KG. 

Nordahl H, Hjemdal O and Wells A (2021) Metacognitive Beliefs Uniquely Contribute to Interpersonal Problems: A Test Controlling for Adult Attachment, Big-5 Personality Traits, Anxiety, and Depression.Front. Psychol. 12:694565.doi: 10.3389/fpsyg.2021.694565 

Fearn M., Marino C., Spada M., Kulombinski D.C.(2022). Selfcritical Rumination and Associated Metacognitions as Mediators of the Relationship Between Perfectionism 

and Selfesteem. Journal of Rational-Emotive & Cognitive-Behavior Therapy 40 (155–174), https://doi.org/10.1007/s10942-021-00404-4 

Lane, Jacqueline N., Zoe Szajnfarber, Jason Crusan, Michael Menietti, and Karim R. Lakhani. „Are Experts Blinded by Feasibility? Experimental Evidence from a NASA Robotics Challenge.“ Harvard Business School Working Paper, No. 22-071, May 2022. 

Goleman D., Boyatzis R., McKee A. (2002). Emotionale Führung. Econ Verlag: München.  

Schwartz, B., Ward, A., Monterosso, J., Lyubomirsky, S., White, K., & Lehman, D. R. (2002). Maximierung versus Satisfizierung: Glücklichsein ist eine Frage der Wahl. Journal of Personality and Social Psychology, 83(5), 1178-1197. https://doi.org/10.1037/0022-3514.83.5.1178 

Das könnte Dich interessieren: