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Gutes für die Psyche: Weniger ärgern

Sich zu ärgern ist nie schön – aber wusstest Du, dass Du Deine Gesundheit, Deine Beziehungen und Deine Karriere gefährdest, wenn Du zu viel Zeit damit verbringst? Vielleicht ist es an der Zeit, Dein Ärger-Niveau zu senken. Und ja, es ist simpler, als Du denkst.

Paar streitet sich

An sich ist Ärger ein sinnvolles Gefühl: Wir werden wütend, wenn wichtige Regeln gebrochen werden. Wut und Ärger helfen uns, Grenzen zu setzen und mobilisieren Kräfte, damit wir uns wehren können. 

Aber auf Dauer kostet Ärger viel Energie. Oft regen wir uns über Kleinigkeiten auf, hadern mit den Dingen, auf die wir keinen Einfluss haben oder auch mit uns selbst. Wir wälzen abgeschlossene Konflikte nochmal im Kopf durch, regen uns immer wieder über dieselben Dinge auf, bringen Ärger von der Arbeit mit nach Hause, obwohl wir uns eigentlich erholen und nicht mehr daran denken wollten. Oder wir gehen sofort in die Luft, wenn die Dinge nicht so klappen, wie erwartet.    

Wenn Du Dich darin wiedererkennst, ist es vielleicht an der Zeit, Deiner Psyche etwas Gutes zu tun — und Dich weniger zu ärgern. Denn ein hohes Ärger-Niveau ist definitiv schädlich für Deine Psyche, Deinen Körper, Deine Beziehungen und auch Deine Karriere.  
Leichter gesagt als getan? Nicht unbedingt: Mit der richtigen Haltung ist es eigentlich relativ simpel. 

Was meinen wir, wenn wir von Ärger sprechen? ​

Natürlich haben wir keinen Anti-Ärger-Zauberknopf. Wichtig ist: Du solltest nicht von Dir (oder wem anders) erwarten, „good vibes only“ zu versprühen. Ein Leben ohne Ärgernisse ist nun mal unmöglich und es ist völlig normal, sich über Ärgerliches zu ärgern.  

Sprechen wir an dieser Stelle kurz über Definitionen. Ärger als erster spontaner Impuls in Form von Gedanken oder Gefühlen ist völlig normal. Spontane Gedanken, ob sie erfreulich oder unangenehm sind, können wir eh nicht kontrollieren und sollten es auch nicht versuchen. Egal, wie abstrus und unpassend sie sind, mit Dir ist alles in Ordnung. Wir Menschen sind seltsame Geschöpfe, also haben wir manchmal auch komische Gedanken – das musst Du einfach akzeptieren.  

Zu einem Problem wird Ärger erst, wenn es nicht bei den ersten spontanen Gedanken aufhört, sondern wenn Du Dich hineinsteigerst und viel mehr Zeit mit diesen Gedanken verbringst, als Dir lieb wäre. Sprich: Wenn es Dich belastet.  

Häufig führen die ersten spontanen Ärger-Gedanken zu einem sich im Kreis drehenden, ergebnislosen Denkprozess. Wenn wir uns lange ärgern oder mit etwas hadern, landen wir in einem Kreislauf, der uns nirgendwohin bringt, aber lange beschäftigen kann – mit großen Nachteilen für unsere Psyche. Das Gleiche gilt übrigens für Grübeleien und Sorgen.  

So ein Kreislauf kann zum Beispiel so aussehen: 

Stell Dir vor: Du hast Feierabend und lässt abends auf dem Sofa noch einmal den Tag Revue passieren. Du erinnerst Dich daran, wie ein Kollege in einem Meeting Deine Idee als seine eigene präsentiert hat. „So eine Frechheit“, denkst Du. „Der macht das nicht zum ersten Mal.“ Vielleicht ärgerst Du Dich dann noch über Dich selbst, weil Du nichts gesagt hast. Erinnerst Dich an ähnliche Fälle aus Deiner Vergangenheit. Wie ungerecht doch die Welt ist, denkst Du irgendwann. Eine halbe Stunde später ärgerst Du Dich immer noch. Dass dieser Idiot Dir auch noch den Feierabend vermiest. Dann ärgerst Du Dich über Deinen eigenen Ärger. Deine Laune ist im Keller und Erholung will sich auch nicht einstellen. 

Frau joggt gegen Ärger

Richtig entspannen: “Wichtig ist, wohin wir unseren Fokus richten”

Stress ist wichtig, sagt Catrin Bartel, aber viele von uns haben verlernt, richtig zu entspannen. Warum Stressprävention oft zu spät einsetzt, was der Unterschied zwischen Erholung und Entspannung ist und warum Erholung nicht immer Nichtstun bedeutet.

Und warum ist langes Ärgern schlimm?

Destruktive Gedankenschleifen lassen uns in unangenehmen Gefühlen verharren, wie Scham, Kränkung, Traurigkeit oder eben Ärger. Je länger wir uns darin suhlen, desto stärker zementieren wir ein negatives Selbstbild – so, als würdest Du Dich in ein tiefes Loch eingraben. Dein Denken dreht sich um Unzulänglichkeiten, Ungerechtigkeiten und andere unschöne Dinge. Am Ende kommst Du womöglich zu Überzeugungen wie „Ich bin nicht gut genug, nicht leistungsfähig oder liebenswert genug.“ Du bist ein armer Tropf (oder Tröpfin), die Welt ist unfair, die anderen sind schuld und dagegen ist nichts zu machen.   

Genau hier liegt die Krux: Anstatt unsere Kräfte zu mobilisieren, was der eigentliche Zweck von Ärger ist, macht uns langes Ärgern nur mürbe. Manchmal, bis der Eindruck entsteht: Ich kann gar nichts ändern. Wir geraten in Hilflosigkeit und resignieren, sogar Depressionen sind als Konsequenz möglich.

Auf Dauer belastet Ärger auch Deinen Körper und Deine Karriere

Natürlich belastet ein kontinuierlich hohes Ärger-Niveau auch den Körper: Muskelverspannungen oder Magenbeschwerden sind typische Folgen. Auch die Herzgesundheit kann auf Dauer stark leiden. Die typische Film-Szene vom dauerwütenden Familien-Patriarchen, der bei einem Ausraster einen Herzinfarkt bekommt, ist eben nicht aus der Luft gegriffen. 

Emotional gereizt, belasten wir zudem eigene Beziehungen – und es entstehen neue Konflikte. Ist Dein Ärger-Niveau hoch, kann es sein, dass Dir ständig der Kragen platzt, wenn Dinge nicht nach Deinen Vorstellungen klappen. Was sich natürlich auch beruflich eher ungünstig auswirken kann. Zum einen, weil Dein Fokus dadurch stark verengt ist und Du dadurch eher ungünstige Entscheidungen triffst. Zum anderen, weil Menschen Dir vielleicht wichtige Informationen vorenthalten, damit Du nicht wieder hochkochst. Und zum dritten, weil niemand gern mit Menschen zu tun hat, die ständig wegen Kleinigkeiten ausrasten. Das gilt natürlich auch für Freundschaften und Beziehungen – ein “explosives Temperament” kann manchmal ganz schön einsam machen.  

Problematisch wird es, wenn wir uns nicht bewusst sind, dass wir durch das eigene Sich-Ärgern noch eine Schippe Ballast obendrauf legen. Es kann ja sein, dass uns wirklich jemand zu Unrecht beschuldigt hat, rücksichtslos und unverschämt gewesen ist. Aber wenn wir in diesen Denkprozess einsteigen, entsteht aus einem unangenehmen Gedanken oder Gefühl eine ganze Armee unangenehmer Gedanken, zulasten der eigenen Stimmung. Die Ungerechtigkeit haben wir dadurch nicht beseitigt – wir schaden damit nur uns selbst.  

Was können wir also praktisch dagegen unternehmen?

Raus aus der Ärger-Spirale: Erkenntnis ist der erste Schritt ​

Dass Dir spontane Ärger-Gedanken kommen, auch zu ungünstigen Zeitpunkten, ist, wie gesagt, ganz normal. Die beste Strategie im Umgang mit ihnen ist: bemerken, und nicht (weiter) beachten. Woran merkst Du also, wenn Du dabei bist, Dich zu verstricken?

Typische Einstiegsgedanken können (zum Beispiel) so aussehen:

So ein Idiot! Was soll das denn? Das ist mal wieder typisch. Wieso bekommt XY die Gehaltserhöhung und ich nicht? Immer wieder das Gleiche. Das Leben meint es nicht gut mit mir. Mal wieder lief es richtig schlecht. Warum fühle ich mich so? Was ist bloß los mit mir? Wieso habe ich das nicht bemerkt? Warum bin ich eigentlich so blöd? Warum sind die anderen eigentlich so blöd? Alles ist gegen mich! Die Welt ist so ungerecht!  

Es hilft, diese Gedanken zu bemerken, kurz durchzuatmen und Dich zu stoppen, wenn Du dabei bist, Dich zu verstricken.  
 
Manchmal gehen wir vergangene Situationen immer wieder durch, vergleichen uns ungünstig, machen uns Vorwürfe oder werten uns ab – aus der Hoffnung heraus, dass diese Kritik uns hilft, besser zu werden. Oft auch aus der Überzeugung: „Wenn ich einen Fehler mache, muss ich streng mit mir umgehen.“ Vielleicht haben wir auch gelernt, dass die Welt uns Böses will und sehen Provokationen und böse Absichten, wo vielleicht gar keine sind. In jedem Fall ist die Frage entscheidend: Hilft es Dir wirklich, Dich auf Deine Ärger-Auslöser zu fokussieren oder belastet es Dich vor allem?

Ärger abstellen: Geht das?

Natürlich nicht von heute auf morgen, aber auf Dauer kannst Du Dein Ärger-Niveau senken. Der erste Schritt ist, Dir klarzumachen, dass ärgerliche Gedanken nicht die Realität sind. Sie sind lediglich die Vorschläge Deines Kopfes. Siehe es so: Würde gerade etwas anbrennen oder jemand vor Dir stehen, in den Du verliebt bist, würdest Du Dich ja auch nicht mit dem Mist beschäftigen, oder? Du hättest Besseres zu tun.  

Du hast die Wahl und die Kontrolle, womit Du Dich gedanklich beschäftigst. Das bestätigen übrigens auch Psycholog:innen: Wir sind unseren Gedanken nicht ausgeliefert, sondern können entscheiden, womit wir uns geistig beschäftigen.  

Und auch wenn der Ärger als spontanes Gefühl kommt, das Deinen ganzen Körper in die Mangel zu nehmen scheint: Wenn Du Dich nicht die ganze Zeit darauf fokussierst, sondern den Kram machst, der halt gerade ansteht – geht das Gefühl auch irgendwann wieder weg. 

Und Dein Kopf lernt dazu: Wenn Du Gedanken nicht weiterdenkst, verblassen auch die Emotionen, die mit ihnen einhergehen, mit der Zeit von allein.

Gute Strategie: Ärger verblassen lassen

Stell Dir vor: Eine Katze kommt an Deine Terrassentür und maunzt. Du stellst ihr ein bisschen Futter hin. Am nächsten Tag kommt sie wieder. Wenn Du ihr wieder Futter hinstellst – was wird passieren? Sie kommt natürlich immer wieder. Wenn Du sie ignorierst, maunzt sie weiter, vielleicht scharrt und kratzt sie an der Tür – aber wenn Du ihr nichts mehr hinstellst, lernt sie irgendwann: Hier gibt es nichts mehr zu holen. Und verschwindet.  

Mit Deinen Gedanken ist es genauso. Du entscheidest, welche Gedanken Du fütterst, indem Du Dich mit ihnen beschäftigst. Verdrängen zählt übrigens auch als Beschäftigung. Wenn Du entscheidest, auf bestimmte Gedanken nicht mehr zu reagieren, sie zwar wahrzunehmen, aber zu ignorieren, gehen sie in der Regel nicht sofort weg. Dein Kopf schickt sie noch ein Weilchen vorbei, um zu prüfen, ob sie wirklich nicht mehr wichtig für Dich sind. Und irgendwann lernt er: Sie sind es nicht. Und schickt Dir andere.  

Das nennt sich übrigens Losgelöste Achtsamkeit und ist quasi der Schlüssel zu Deinem geistigen Wohlbefinden. Diese Strategie des Gedanken-Loslassens hilft nachweislich im Umgang mit Stress, bis hin zu Depressionen, Erschöpfung und Überlastung. In jedem Fall hilft sie, deutlich gelassener durchs Leben zu gehen und Dich nicht zusätzlich zu allen Ärgernissen auch noch selbst zu ärgern.

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Dragan, M., Dragan, W. Ł., Kononowicz, T., & Wells, A. (2012). On the relationship between temperament, metacognition, and anxiety: independent and mediated effects. Anxiety, stress, and coping, 25(6), 697–709. https://doi.org/10.1080/10615806.2011.630071 

Spada, M. M., Nikčević, A. V., Moneta, G. B., & Wells, A. (2008). Metacognition, perceived stress, and negative emotion. Personality and Individual Differences, 44(5), 1172–1181. https://doi.org/10.1016/j.paid.2007.11.010 

Steffgen, de Boer und Vögele (2014). Ärgerbezogene Störungen. Hogrefe Verlag, Göttingen 

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