Was, wenn mein Kind krank wird? Sollte ich vorsichtshalber schon Medikamente parat haben? Und wenn ich zuhause bleiben muss, bekomme ich Probleme bei der Arbeit? Verliere ich den Job, kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen. Vor lauter Stress werde ich selbst noch krank. Ständig habe ich Kopfschmerzen. Vielleicht ist es ja sogar was Ernstes …
So ungefähr sieht eine typische Sorgen-Denkschleife aus. Der Job, die Beziehung, die Finanzen, die eigene Gesundheit, der Zustand der Welt – Sorgen können viele Anlässe haben. Oft reicht ein einfacher Auslöser. „Was, wenn dies oder jenes passiert“ – ein typischer Einstiegsgedanke zu einem Sorgenprozess, der sich manchmal zu regelrechten Horrorszenarien im Kopf aufbauscht, wenn wir ihn nicht rechtzeitig unterbrechen.
Wie entstehen Sorgen?
In der Psychologie wird das Sich-Sorgen als ein sich im Kreis drehendes, ergebnisloses Denken definiert. Sorgen sind in die Zukunft gerichtet, im Unterschied zum Grübeln, einem Denkprozess, der sich um die Vergangenheit dreht. Natürlich ist es in vielen Situationen ganz angemessen, Angst zu empfinden oder etwas zu befürchten. Problematisch wird es, wenn Du zu viel Zeit darauf verwendest, gedanklich um mögliche Probleme zu kreisen, es Dich zusätzlich belastet und von wichtigen Dingen ablenkt.
Und was heißt zu viel? Grundsätzlich sind Sorgen zwar menschlich, aber nie gesund. Je weniger Zeit Du mit ihnen verbringst, desto besser. Wenn Dich die Sorgen belasten, Deine Ängste befeuern, Dich von wichtigen Dingen ablenken oder Du das Gefühl hast, sie nicht kontrollieren zu können, solltest Du etwas tun.
Denn Sorgen können nachweislich krank machen. Die psychologische Forschung zeigt ganz klar: Das Sorgenmachen gehört zu den Denkmustern, die das Risiko von Depressionen, Ängsten, Stress und Burnout erhöhen. Wer sich zu lange mit belastenden Gedanken beschäftigt, bekommt nicht nur schlechte Laune. Solche Denkschleifen können dazu beitragen, dass Du Dich schlechter auf Deinen Job, Deine Beziehung, die Erholung – überhaupt den Alltag – konzentrieren kannst. Was wiederum dazu führt, dass Du geistig abwesend bist, öfter Fehler machst oder ein miserabler Gesprächspartner oder -partnerin bist. Auch physische Symptome wie Kopfschmerzen, Verspannungen oder Magenverstimmungen sind nicht selten. Und natürlich können diese auch weitere Sorgen auslösen.
Warum mache ich mir so viele Sorgen?
Meistens stecken hinter Sorgenprozessen ungünstige mentale Überzeugungen, auch Metakognitionen genannt. Vielleicht hast Du gelernt: „Über wichtige Dinge im Leben muss man sich viele Gedanken machen“ – und tendierst zum „Überanalysieren“. Vielleicht ist es Dir wichtig, auf alle möglichen Probleme gut vorbereitet zu sein – und Du verbringst viel Zeit damit, zu überlegen, was alles schiefgehen könnte und was Du dann tun könntest, und wie die anderen dann reagieren, und was Du dann … genau.
Auch falsche Annahmen wie „Ich habe keine Kontrolle über meine Gedanken“ können Gedankenschleifen begünstigen. Daher ist es immer gut, die Überzeugungen über das eigene Denken genauer unter die Lupe zu nehmen und sich von denen zu trennen, die Dich nicht weiterbringen.
Denn das Sorgenmachen hat vor allem eine Konsequenz: Indem Deine Fantasie um Gefahren und Katastrophen kreist, die in den meisten Fällen wohl niemals eintreten, verstärkst Du Deine Sorgen lediglich. Auch Dein Verhalten kann sich ungünstig ändern: Wer sich zu viele Sorgen macht, versucht oft, besonders kompetent aufzutreten, verhält sich manchmal kontrollierend gegenüber anderen, aus Sorge, dass Menschen etwas falsch machen oder sie hintergehen, oder bezahlen zahlreiche Berater aus Angst vor einer falschen Entscheidung. Am Ende vermeidest Du vielleicht gewisse Themen oder Situationen oder wirst ein:e Meister:in der Prokrastination, weil Du zu viel Angst bekommst, Dinge anzupacken.
Sorgen können uns sehr hemmen, und uns dazu bringen, uns nichts Neues zuzutrauen und unter unseren Möglichkeiten zu bleiben. Übrigens sind Sorgen oft ein Zeichen dafür, dass Du gerade etwas Neues, Aufregendes oder Herausforderndes machst – was dafürspricht, sie in solchen Fällen einfach zu ignorieren.
Ein gesunder Umgang mit den eigenen Gedanken
Angenommen, Du hast ein wichtiges Bewerbungsgespräch oder eine Prüfung. Es spricht nichts dagegen, Dir etwas Zeit zu nehmen und Dich vorzubereiten, um mit einem guten Gefühl hineinzugehen. Du kannst spontane Sorgengedanken also auch als etwas Positives sehen, da sie Dich erinnern, Dich auf wichtige Dinge vorzubereiten. Jedoch heißt es nicht, dass Du Dich mit diesen Gedanken groß beschäftigen solltest – wenn es etwas zu tun gibt, solltest Du es tun. Wenn nicht – bringen Dir die Sorgen nichts.
Das heißt natürlich nicht, dass Du nie wieder über etwas nachdenken solltest. Sorgenmachen und Nachdenken sind nämlich zwei gänzlich verschiedene Denkmuster: Nachdenken ist, anders als Grübeln oder Sorgenmachen, konstruktiv, da es ein klares Ziel, einen Anfang und auch ein Ende hat. Anders gesagt: Nachdenken löst Probleme, während Sorgenmachen lediglich um sie kreist. Mit dem Ergebnis, dass sich die Sorgen nur noch verstärken, anstatt zu verschwinden.
Ein anderes Beispiel: Stell Dir vor, Du sitzt in einem Flugzeug und bekommst Flugangst. Dass es nicht unbedingt gut ist, Dir auszumalen, wie das Flugzeug gleich abstützt und Du eines schrecklichen Todes stirbst, ist Dir vermutlich klar. Doch was machst Du stattdessen? Du könntest versuchen, Deine Sorgen zu verdrängen – das kostet viel Mühe und funktioniert in der Regel eher schlecht. Du könntest an die Statistiken denken, die klar zeigen, wie unwahrscheinlich ein Absturz ist – oder Dich irgendwie anders versuchen zu beschwichtigen.
Ist es sinnvoll? Leider nein. Denn auf diese Art beschäftigst Du Dich noch mehr mit Deinen Sorgen und lieferst Deinem Kopf weiteren Zündstoff. Also: Was kannst Du stattdessen tun?
Was tun, wenn man sich zu viele Sorgen macht?
1. Nimm Deine Gedanken wahr – uns lass sie wieder ziehen
Die Vertreter des metakognitiven Ansatzes nennen das Losgelöste Achtsamkeit – eine nützliche Fähigkeit im Leben, die Du im Übrigen sowieso auf 90 % Deiner Gedanken anwendest – denn die meisten Gedanken kommen und ziehen wieder von dannen, ohne von Dir besondere Beachtung zu erfahren. Genau das kannst Du auch mit belastenden Gedanken machen, anstatt dass sie sich in Deiner Fantasie zu Horrorszenarien auswachsen.
Merke: Deine Gedanken sind nicht die Realität, sie kommen und gehen und müssen nicht unbedingt weiter beachtet werden – es sei denn, Du möchtest das.
2. Prüfe Deine Metakognitionen
„Ich habe keine Kontrolle über meine Gedanken“, „Ich kann nicht steuern, ob ich grüble oder mir Sorgen mache“, „Sorgenmachen hilft mir, vorbereitet zu sein“ – diese Überzeugungen sind ziemlicher Unfug. Wahr ist: Du kannst nicht steuern, welche automatischen Gedanken Deinen Kopf besuchen. Die kannst Du lediglich akzeptieren, selbst wenn sie unangenehm, absurd oder regelrecht haarsträubend sind.
Was Du sehr wohl steuern kannst, ist Dein Umgang mit ihnen – siehe Punkt 1. Wenn Du merkst, dass Dich gewisse Gedanken nicht weiterbringen, solltest Du sie einfach nicht weiterdenken.
3. Richte Deinen Fokus auf das, was Dir wichtig ist
Und womit sollst Du Dich dann beschäftigen, wenn nicht mit den Sorgen und Grübeleien? Na, mit dem, was Dir gerade wichtig ist: Dein Job, Deine Beziehung, Deine Freundschaften, Deine Ziele, das Buch vor Dir, der Film auf dem Bildschirm, der Sport, den Du vernachlässigst – Du verstehst schon. Wir wollen realistisch bleiben: Eine ausgefeilte Sorgenmacherin wird nicht von heute auf morgen zu einer grundgelassenen Zeitgenossin. Aber mit der Zeit kannst Du den Sorgenpegel auf jeden Fall etwas herunterschrauben. Je besser Du Dich auf Dein Leben fokussieren kannst und je weniger Zeit Du mit Sorgen verbringst, desto besser für Dich und auch Deine Umgebung.
Deinen Fokus auf wichtige Dinge zu lenken kannst Du übrigens auch trainieren – zum Beispiel hier.