Was ist Overthinking – und warum ist es problematisch?
Overthinking bezeichnet das endlose Nachdenken über Situationen, Probleme oder Entscheidungen, ohne zu einer Lösung zu kommen. Die Gedanken drehen sich im Kreis, und anstatt Klarheit zu gewinnen, verstärkt sich die Unsicherheit. Dabei sind sich viele Menschen nicht einmal bewusst, dass ihre Denkmuster zu einem Problem werden. Overthinking äußert sich in zwei Hauptformen:
- Grübeln: Wiederholtes Durchspielen negativer Erlebnisse oder Fehler aus der Vergangenheit. Man fragt sich: „Was hätte ich anders machen sollen?“ oder „Warum ist das passiert?“
- Exzessives Sorgen: Gedanken, die sich um zukünftige Probleme drehen – selbst wenn diese unwahrscheinlich sind. Sätze wie „Was ist, wenn etwas schiefgeht?“ oder „Wie kann ich mich auf jede Eventualität vorbereiten?“ sind typisch.
Kurzfristig gibt Overthinking das Gefühl, Kontrolle zu haben – als würde intensives Nachdenken helfen, Risiken zu vermeiden. Und ab und zu wird die „x-te-Denkschleife“ auch einen neuen Aspekt liefern –aber wir bezahlen dafür einen hohen Preis. Langfristig führt es zu einer erhöhten mentalen Belastung, Stress und sogar psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depression. Es beeinträchtigt die Konzentration, blockiert Entscheidungen und raubt Energie. Doch warum fällt es uns so schwer, damit aufzuhören?
Faktencheck
- Wir haben mehrere tausende Gedanken am Tag
- Dysfunktionale Denkmuster und unbewusste Aufmerksamkeitslenkung spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Stress, mentaler Belastung bis hin zu psychischen Störungen. Studien belegen, dass die Metakognitive Therapie (MCT) vielen Betroffenen hilft, ihre Symptome langfristig zu verbessern.
- Die fortlaufende Evaluation der addisca Trainings zeigt eine hohe Akzeptanz und nachhaltige Wirkung des Trainings metakognitiver Fertigkeiten: Die Mehrheit der Teilnehmenden kann die erlernten Techniken im Alltag anwenden und berichtet von einer besseren Emotionsregulation sowie einer souveräneren Reaktion in schwierigen Situationen.
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Der Denkfehler hinter Overthinking
Ein entscheidendes Problem beim Overthinking ist, dass wir unsere Gedanken als objektive Realität betrachten. Wir glauben: Wenn sich Gedanken melden, müssen sie wichtig sein. Doch Gedanken sind nicht immer wahr oder relevant – oft sind sie automatische Reaktionen unseres Gehirns, die keine tiefere Bedeutung haben. Genau hier setzt der metakognitive Ansatz an. Er hilft uns, unsere Gedanken mit Distanz zu betrachten, anstatt uns von ihnen kontrollieren zu lassen.
Der metakognitive Ansatz: Kontrolle über das Denken gewinnen
Metakognition bezieht sich auf die Fähigkeit, unsere Denkmuster zu beobachten, zu hinterfragen und bewusst zu steuern. Im Gegensatz zu klassischen Strategien, die sich darauf konzentrieren, negative Gedanken inhaltlich direkt zu verändern, geht es hier um die Frage: Wie gehen wir mit unseren Gedanken um?
Wie der metakognitive Ansatz hilft:
- Distanz schaffen: Gedanken sind nicht immer wichtig oder wahr – sie sind einfach nur da – und oft kommen sie zu einem unpassenden Zeitpunkt. Wer sich dessen bewusst ist, kann Overthinking stoppen, indem er seine Gedanken nicht automatisch als Handlungsaufforderung betrachtet.
- Aufmerksamkeit lenken: Anstatt sich in negativen Denkmustern zu verlieren, lernen wir, unsere Aufmerksamkeit bewusst auf das Hier und Jetzt zu richten – ein essenzieller Schritt, um Overthinking zu durchbrechen.
- Gedanken loslassen: Nicht jeder Gedanke verdient unsere Aufmerksamkeit. Der metakognitive Ansatz hilft uns, mentalen Abstand zu schaffen, ohne automatisiert nach einer Lösung zu suchen.
- Nachdenken steuern: Während Gedanken automatisch auftauchen, können Denkprozesse aktiv gesteuert werden. Wer merkt, dass sich seine Gedanken im Kreis drehen, kann bewusst entscheiden, ob er sie weiterverfolgen oder das Nachdenken unterbrechen möchte.
Strategien zur Anwendung des metakognitiven Ansatzes im Alltag
Um Overthinking zu reduzieren, braucht es keine komplizierten Techniken – vielmehr geht es um eine veränderte Haltung gegenüber den eigenen Gedanken. Hier einige konkrete Methoden:
- Overthinking-Zeit begrenzen: Setze Dir ein festes Zeitfenster für Grübeln, Sorgen, Hadern und ähnliche kreisende Denkprozesse. Sobald die Zeit abgelaufen ist, kehre bewusst zur Gegenwart zurück.
- Aufmerksamkeit umlenken: Anstatt in Grübeleien zu versinken, konzentriere Dich auf zielführende Denkprozesse oder eine aktive Handlung – sei es Sport, eine kreative Tätigkeit oder ein Gespräch mit Freunden.
- Akzeptanz üben: Nicht jede Unsicherheit muss sofort gelöst werden. Manche Dinge sind außerhalb unserer Kontrolle, und das ist in Ordnung.
Ein anschauliches Beispiel: Das Vorstellungsgespräch
Stell Dir vor, Du hast ein wichtiges Vorstellungsgespräch vor Dir. Eine Woche vorher beginnst Du, Dir Sorgen zu machen: Was, wenn ich nicht weiß, was ich antworten soll? Was, wenn ich mich blamiere? Aus einer sinnvollen Vorbereitung auf das Gespräch gleitest Du ab in stundenlanges Katastrophen-Szenarien-Ausmalen. Deine Gedanken kreisen unaufhörlich, und Du fühlst Dich zunehmend gestresst. Mit Hilfe metakognitiver Fertigkeiten kannst Du Dein Overthinking stoppen. Statt Dich in Deinen Gedanken zu verlieren, könntest Du Dir bewusst sagen: Aha, das sind wieder diese Sorgen-Gedanken. Sie sind da, aber ich muss mich nicht von ihnen vereinnahmen lassen. Du könntest Dich daran erinnern, dass Deine Gedanken nicht die Realität sind, sondern nur Befürchtungen. Indem Du Deine Aufmerksamkeit bewusst lenkst, anstatt Dich von den Ängsten lähmen zu lassen, gewinnst Du Kontrolle über Deine Denkprozesse.
Warum Overthinking überwinden?
Menschen, die Overthinking loslassen, berichten oft von mehr innerer Ruhe, besserer Entscheidungsfähigkeit und gesteigerter Lebensqualität. Sie erleben weniger Stress und gewinnen mentale Freiheit. Wer die Kontrolle über sein Denken zurückerlangt, schafft Platz Kreativität und effektive Problemlösungen. Der metakognitive Ansatz zeigt: Gedanken sind nicht unser Feind – wir müssen nur lernen, anders mit ihnen umzugehen. Denn letztlich sind wir nicht unsere Gedanken, sondern die Beobachter unserer Gedanken. Wer das versteht, kann Overthinking hinter sich lassen und das Leben wieder bewusster genießen.