Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – unser Entscheidungsverhalten belegt dieses Sprichwort am besten. Ganz egal, ob es um einen persönlichen Neujahrsvorsatz geht oder die Änderung eines Geschäftsprozesses, Veränderungen fallen uns nie leicht. Lieber bleiben wir beim Status Quo: Auch wenn uns das gar nicht gut tut.
Was ist der Status Quo Bias?
Der Status Quo Bias ist ein systematisch kognitiver Fehler, durch den wir uns dazu verleiten lassen, den aktuellen Zustand einer Veränderung vorzuziehen. Das bedeutet auch, dass wir eine einmal getroffene Entscheidung nur ungern wieder ändern. Das ist in den meisten Fällen als eindeutig irrational zu bezeichnen, da die Entscheidung für den Status Quo nicht immer die beste Alternative darstellt.
Der Status Quo Bias wurde bereits in den 1980er Jahren erforscht, aktuelle Studien bestätigen die Ergebnisse größtenteils. Beispielsweise sollten sich Teilnehmende zu verschiedenen Entscheidungsszenarien äußern – von persönlichen über berufliche hin zu politischen Fragen. Wurde ihnen zu der Situation eine Status-Quo-Option vorgeschlagen, blieben die meisten bei dieser, anstatt sich für eine andere Lösung zu entscheiden.
Den Status Quo Bias verstehen
Studien verdeutlichen automatisierte Prozesse, die wir täglich durchmachen: Wir hinterfragen unsere Situation nicht und nehmen den aktuellen Zustand einfach an. Unter anderem deshalb bleiben wir bis zur totalen Erschöpfung im gleichen Job, kaufen immer dieselben Produkte oder führen unglückliche Beziehungen weiter. Die Tendenz zum Status Quo kann fatale Folgen haben. Wir schlagen lukrative Anlageoptionen zugunsten der aktuellen aus oder nehmen immer weiter dasselbe Medikament, anstatt es durch eine bessere, wirkungsvollere Alternative zu ersetzen.
Warum erliegen wir dem Status Quo Bias?
Aber was steckt dahinter, dass wir selbst dann, wenn ein Wechsel von Vorteil wäre, lieber beim Alten bleiben? Häufig ist es schlicht und einfach unsere Bequemlichkeit. Denn Veränderungen gehen immer mit Ungewissheiten einher – und das erleben wir als kognitiv anstrengend und unangenehm. Haben wir zudem unvollständige Informationen und können die Situation nur schwer überblicken, fühlen wir uns besser damit, an etwas Sicherem und Bekanntem festzuhalten. Die Verlustaversion spielt hier ebenfalls mit: Wir wollen das Verlustrisiko so gering wie möglich halten und befürchten, unsere Entscheidung später zu bereuen.
Bessere Entscheidungsfindung – den Status Quo Bias vermeiden
1. Kurz innehalten
Gerade wenn wichtige Entscheidungen anstehen: Nimm kurz wahr, was gerade in Deinem Kopf passiert. Häufig sind wir im Autopilot-Modus und entscheiden vorschnell, vor allem wenn wir überfordert, unsicher oder emotional sind.
2. Deine Gedanken sind nicht die Realität
Zweitens: Mache Dir klar, dass Gedanken erst einmal nur Gedanken sind und dass das Erleben von Unsicherheit bei Entscheidungen dazu gehört. Nicht alle Verluste und Risiken, die wir uns ausmalen treten auch wirklich ein.
3. Einen anderen Blickwinkel wagen
Ein Perspektivwechsel kann Wunder bewirken: Wer es schafft, der Situation mit der Offenheit eines “Außenseiters” zu begegnen, dem tun sich oft übersehene Optionen auf.
4. Austausch mit Anderen
Oft hilft das Gespräch mit einer anderen neutralen Person, uns aus unserem eingefahrenen Trott herauszuholen, unseren Blick zu weiten und Optionen sinnvoll abzuwägen.
5. Die Situation umdrehen
Mach den Reversal–Test: Dreh die Situation einfach um. Siehe den aktuellen Zustand als eine neue Option an – und die neue Option als gegeben. Wie würde dann die Entscheidung ausfallen? Bezogen auf den Job würde die Frage zum Beispiel lauten: Wenn Du alles über den Job wüsstest, was Du jetzt weißt, würdest Du Dich wieder dazu entscheiden, ihn anzutreten? Oder es jemandem in Deiner Situation raten? Dieser Punkt kann neue Klarheit bringen – und helfen, dem Einfluss des Status Quo Bias zu entgehen.