Konstruktive Kommunikation: Der Teufel steckt im Detail, denn gut gemeint kommt oft nicht gut an
Wie kommt es, dass ein Gespräch mit Vorgesetzten oder Teammitgliedern über einen Fehler dennoch häufig einen schalen Nachgeschmack hinterlässt? Oft sind es gut gemeinte oder unbedachte Aussagen, die eine andere Haltung gegenüber Fehlern durchscheinen lassen und unbeabsichtigte Interpretationen anstoßen.
So können spontane Aussagen wie „Das hättest Du doch ahnen können“ oder „Wie konnte das nur passieren?“ oder auch nur ein vielsagender Blick ungünstige Denk- und Aufmerksamkeitsprozesse anstoßen. Auch scherzhaft oder freundlich gemeinte Aussagen im Sinne von „Mensch, warum passieren Dir nur immer solche Sachen? Du scheinst die Probleme magisch anzuziehen!“ können der Startschuss für Selbstzweifel sein. Zum einen enthalten sie einen versteckten, persönlichen Vorwurf und zweitens laden sie dazu ein, intensiv über die Umstände nachzudenken, die zu dem Fehler geführt haben. Ursachenklärung ist erstmal nichts Schlechtes, aber langes Nachdenken über „verschüttete Milch“ trainiert ungewollt kontraproduktives Overthinking: Wir drehen uns gedanklich im Kreis, stellen uns Fragen, auf die es keine oder nur unbefriedigende Antworten gibt und wählen eher Vermeidungsstrategien, anstatt aus Fehlern zu lernen.
Zudem übersieht man als sendende Person solcher Botschaften, dass man selbst gleich zwei Denkfehlern aufsitzt: dem Rückschaufehler (hindsight bias: im Nachhinein sind wir immer schlauer) und dem sogenannten Fluch des Wissens (curse of knowledge: Informations- oder Erfahrungsvorteil der sendenden Person). Und wenn dies als Besserwissen interpretiert wird, kann es sogar Trotz und Widerstand auslösen.
Auch gut gemeinte Ratschläge wie „Du musst aufpassen, dass sowas nicht nochmal passiert“ führen eher dazu, dass man befangener statt selbstsicherer wird. Solche Aussagen richten Aufmerksamkeit und Energie auf Fehlervermeidung, die Kreativität und Selbständigkeit hemmt. Der Anspruch „Was ich mache, muss direkt richtig sein“ erhöht den Druck und führt eher zu Prokrastination und unproduktivem Perfektionismus anstelle von Freude an der Arbeit.
Von Einsatzkräften können wir viel über eine gelungene Fehlerkultur lernen: Übungen und Einsätze werden im Nachgang pragmatisch und konstruktiv besprochen. „Was lief gut und was lief schlecht“ mit der Haltung, dass Fehler unvermeidbar sind und dem Ziel, daraus zu lernen.
Gesunde Fehlerkultur braucht konstruktive Kommunikation, die richtige Einstellung, Fingerspitzengefühl … und auch Übung
Was macht nun eine gesunde und konstruktive Fehlerkultur aus? Wie sollte der Umgang mit Fehlern gestaltet werden – wie sollten wir darüber sprechen? Dazu gibt es viele Empfehlungen: Zunächst ist es sinnvoll, auf Fehler mit Offenheit und Akzeptanz zu reagieren. Eine analytische Vorgehensweise kann helfen, den Fehler zu verstehen und Wachstum zu fördern, statt Overthinking wie Selbstkritik oder Sorgen auszulösen. Sinnvoll ist es daher, Fragen zu stellen wie: Was ist genau passiert? Welche Faktoren haben dazu beigetragen? Welche konkreten Fertigkeiten können aufgebaut oder trainiert werden, welche Prozesse können optimiert oder besser kommuniziert werden?
Natürlich zeigen sich in der Kommunikation auch die Sorgen der Führungskräfte. Schließlich ist auch für sie die Frage nach der Fehlerursache belastend: War es ein Versehen, war es Unkenntnis, war es Gleichgültigkeit? Was sind mögliche Konsequenzen für die eigene Person und das Unternehmen? Laufen wir Gefahr, Fehler zu verharmlosen? – Solche Sorgen können dazu führen, dass Führungskräfte beim Auftreten von Fehlern eher Angst als Gelassenheit ausstrahlen. Eine gute Fehlerkultur kann nur dann glaubwürdig und überzeugend vermittelt werden, wenn sie auch emotional vorgelebt wird. Denn die emotionale Reaktion ist immer schneller, ehrlicher und offensichtlicher als das gesprochene Wort. Deshalb sollte jede Führungskraft einen Blick für den eigenen Umgang mit Fehlern, Ärger und Ängsten entwickeln. Denn nur wenn Führungskräfte konstruktiv mit eigenen und fremden Fehlern umgehen, können sie dies auch von ihren Mitarbeitenden erwarten.
Und warum finden Sie diesen Artikel bei uns: Gutes Fehlermanagement baut darauf auf, eigenes Denken und Verhalten aus der Beobachterperspektive wahrnehmen zu können. Diese Fertigkeit ist ein wichtiger Schlüssel, um die Theorie in der Praxis umzusetzen, damit
- wir auch spontan und unter Druck die richtigen Worte finden,
- und uns im Alltag die schwierige Balance zwischen Fehlertoleranz und Qualitätsanforderungen gelingt.
Diese Haltung können Sie mit metakognitivem Training sehr effektiv erlernen: Es schult den Blick auf unsere eigenen Denkprozesse und erleichtert damit auch unter Stress und Belastung eine wertvolle professionelle Distanz und mentale Flexibilität. Und auch Menschen mit ausgeprägter Sozialkompetenz etablieren eine konstruktive und wertschätzende Fehlerkultur in der Regel nicht von heute auf morgen – es benötigt Zeit und gute wie auch schlechte Erfahrungen. Die „metakognitive“ Kunst ist dabei, sich auch dann nicht zu ärgern, wenn Kommunikation und Fehlermanagement mal nicht lehrbuchhaft verlaufen sind.