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“Vorleben ist wichtig”: Jan Morgenstern über Führung, Mental Health und Ausgleich

Jan Morgenstern ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht, Datenschutzbeauftragter, mehrfacher Geschäftsführer, Ehemann und Vater. Er leitet ein Team von etwa 40 Angestellten, außerdem hat er einen Blog und einen Podcast zum Thema IT-Sicherheit. Wie bleibt er mental fit und behält einen klaren Kopf, wie sorgt er für Ausgleich – und welche Rolle spielt das Thema Mental Health?

Betriebssport
Jan Morgenstern, Interview
Jan Morgenstern

Herr Morgenstern, Sie machen ganz schön viele Dinge gleichzeitig. Wie schaffen Sie es, den Überblick zu behalten?  

Gute Frage. Ich würde sagen: Vielleicht gar nicht. Die Frage ist, ob es realistisch ist, diesen Anspruch an sich selbst zu stellen. Früher habe ich deutlich mehr damit gekämpft, aber das ist manchmal gar nicht möglich. Die Kanzlei, der Podcast, die Geschäftsführer-Tätigkeiten: Das hängt zum Glück alles thematisch zusammen – es wäre ein Kampf gegen Windmühlen, das stringent trennen zu wollen. Wenn ich in einer Rolle auftrete, habe ich alle anderen im Schlepptau. Ich habe zum Glück viele motivierte Mitarbeiter, die mich unterstützen, sodass ich kein Micromanagement betreiben muss. Das hilft.

Das Buzzword dafür lautet Work-Life-Integration. Alles fließt ineinander über, anders als bei Work-Life-Balance, wo es eher darum geht, Lebensbereiche getrennt zu betrachten und miteinander auszubalancieren. Ist das eher Ihr Ansatz?

Ich kann das nur unterschreiben: Das sind Buzzwords, von denen kaum jemand weiß, was sie genau heißen. So wie ich es definiere, spielt für mich dieser Ansatz tatsächlich eine große Rolle, weil ich mein Leben um meine Arbeit herumgebaut habe. Das muss ich ehrlich sagen. Und das kann man von seinen Angestellten nicht verlangen. 

Was bedeutet das konkret?

Ich stehe früh auf, habe lange Tage – als Unternehmer arbeite ich auch mal 12 Stunden am Tag. Zum einen sehe ich das nicht als so sehr als Last. Zum anderen habe ich natürlich auch ganz andere Freiheiten. Zum dritten profitiere ich wirtschaftlich davon. Das will ich nicht für Menschen vorleben, die einfach nur ein faires Gehalt beziehen wollen. Da muss man das Thema Work-Life-Balance eher hochhängen.

Wie machen Sie das?

Wir haben ein klares Verbot, dienstliche Themen in die private Kommunikation einzubeziehen. Und natürlich rufe ich Mitarbeiter nach Feierabend nie an. Wir haben auch schon vor Corona teilweise remote gearbeitet, weil wir an vielen Standorten sitzen, aber auch bei flexiblen Arbeitszeiten sehen wir, ob jemand eingeloggt ist oder offline oder im Urlaub – da werden die Leute in Ruhe gelassen.

Spielt das Thema Mental Health eine Rolle? Für Sie und im Team?  

Definitiv. Ich komme aus dem Hochleistungssport und habe dort gelernt: Mentale und körperliche Fitness kriegt man meist im Bundle. Isoliert ist es nur halb so gut. Für mich persönlich ist Sport wichtig, ich bin der Meinung, man kann mentale Belastungen mit einem hohen Fitnessgrad besser durchstehen. Die mentale Gesundheit ist ein absolut wichtiges Thema, auch wenn wir kein Allheilmittel haben. Wir haben schon viele Kurse gehabt, Entspannungsübungen und ähnliches. Zum Teil wird es belächelt. Das ist wie in der Schule, wenn die Jungs mal tanzen sollen – erst weigern sich alle und hinterher war es nicht so schlimm. 

Wie kann man die Leute besser ermutigen und überzeugen?   

Vorleben. Das ist Teil der Führungskultur. Die Vorgesetzten prägen den Umgang mit solchen Dingen. Wir versuchen, das zu vermitteln. Auch sportliche Aktivität zu fördern, und sei es die Volleyball-Altherrengruppe – bei uns gibt’s nicht, dass man nicht um 17 Uhr dahin gehen darf. Wir vermitteln, dass das kein Quatsch, sondern wichtig ist. Die Zeit sollte man sich nehmen.  

Wie erholen Sie sich denn? Wie sorgen Sie für Ausgleich?  

Ich mache wie gesagt viel Sport. Das ist mein Ausgleich und ich habe Spaß daran, mich körperlich zu betätigen. Ich versuche, mein Leben gesund zu gestalten, rauche und trinke nicht, stehe frühmorgens auf, meditiere, komme so in den Rhythmus rein, der mir erlaubt, den Tag ordentlich zu gestalten, und gehe vielleicht früher schlafen als andere, schon um 22 – 23 Uhr. Ich arbeite außerdem nicht von zuhause. Das habe ich nie gemacht und würde das niemandem empfehlen. Mein Büro ist nicht weit, ich arbeite, gehe nachhause und den Laptop lasse ich da. Ich habe keine Akten auf dem Küchentisch. Ich trenne zwischen Arbeit und Privatleben, habe keine privaten Kontakte mit beruflichen Begleitern. Außer mit meiner Frau (lacht) … 

 … die mit Ihnen zusammenarbeitet.  

Da sitzt man natürlich auch mal am Sonntag und spricht über Berufliches. Das würde ich auch nicht empfehlen, aber so ist es. 

Mal anders gefragt: Wie schaffen Sie es, nicht die ganze Zeit zu arbeiten?   

Wenn ich ehrlich bin: Als Unternehmer wird man es nicht schaffen. Ich empfinde meine Arbeit wie gesagt als Bereicherung. Aber Angestellte sollten es schaffen, nicht die ganze Zeit zu arbeiten. Viele haben früher beispielsweise zwischen Weihnachten und Neujahr gearbeitet, auch wenn das niemand verlangt. Deswegen kappen wir in der Zeit die Zugänge zu mobilen Geräten und E-Mails. Gerade dann wollen wir ja alle zur Ruhe kommen. Da tut es auch mir gut, zu wissen: Da muss ich keine Mails lesen – keine Sorge, da passiert nichts.   

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