Salat oder Currywurst? Treppe oder Aufzug? Wasser oder Cola? Oft entscheiden wir uns für die Alternative, die wir später bereuen. Das kurzfristige Vergnügen oder die bequeme Option bleiben eben auch dann verlockend, wenn sie uns auf lange Sicht übergewichtig, ungesund oder unglücklich machen. Deshalb ist das Konzept von Nudging hilfreich, um ganze Teams öfter zu einem gesunden Verhalten zu bewegen.
Kurz gesagt sind „Nudges“ kleine Eingriffe in unsere Umgebung, die als „Anstupser“ im Alltag funktionieren. „Nudges“ machen uns wünschenswerte oder gesunde Alternativen einfacher zugänglich – damit es uns leichter fällt, diese wahrzunehmen und zu nutzen. Ist die „ungünstige“ Option schwerer zugänglich, entscheiden sich nachweislich mehr Menschen automatisch für die vernünftigere.
Nudging ist längst gesellschaftlich verbreitet, ob es darum geht, die Produktivität in einem Unternehmen zu erhöhen oder sich umweltfreundlicher zu verhalten. Geht es zum Beispiel darum, den Papierverbrauch zu reduzieren, hilft die automatisch doppelseitige Druck-Einstellung, weil die meisten Menschen sie gar nicht hinterfragen.
Das gleiche Prinzip gilt beim Thema Organspende: Die Zahl potentieller Organspender:innen variiert signifikant, je nachdem, ob wir ausdrücklich zustimmen (Opt-In) oder explizit widersprechen müssen (Opt-Out). Und auch beim Toilettengang hilft Nudging: Das bekannteste Beispiel ist wohl die kleine Fliege, die in manchem Pissoir klebt und nett daran erinnert, besser zu zielen 🙂
Nudging-Strategien zur Gesundheitsförderung
„Nudges“ führen uns wünschenswerte oder gesündere Alternativen vor Augen – gerade im Betrieblichen Gesundheitsmanagement kann dieser Ansatz sehr nützlich sein. Dabei gibt’s einige Strategien, die auch kombiniert werden könnten. Die Default-Strategie arbeitet mit automatischen Voreinstellungen, wie in den oberen Beispielen mit dem Papierdruck oder der Organspende.
Die Gamification geht spielerisch vor, zum Beispiel in Form von Wettbewerben zwischen den Mitarbeitenden. Simpel formulierte oder lustige Schilder oder Markierungen können aufzeigen, wie viele Kalorien wir bei einer Aktivität verbrauchen oder wie richtiges Händewaschen geht – sie funktionieren auch als Erinnerungen. Schließlich hilft auch der soziale Faktor: Wenn wir im Hotel lesen, 9 von 10 Gästen würden ihre Handtücher mehrfach nutzen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir das auch tun.
Anregungen und Beispiele für Nudges im Unternehmen:
- Maßnahmen wie Gesundheitschecks oder bewegte Mittagspausen werden von mehr Menschen benutzt, wenn man es ihnen einfacher macht – mit automatischen Erinnerungen oder automatischen Terminen, von denen sie sich extra abmelden müssten (Opt-Out). Bei der bewegten Mittagspause könnte zudem das Prinzip Gamification helfen, zum Beispiel in Form eines Wettbewerbes.
Auch bei Apps oder Schrittzählern eignen sich Wettbewerbe gut. Für jede Teilnahme oder ab einer bestimmten Schritt- oder Punktzahl könnte zum Beispiel ein kleiner Geldbeitrag auf ein Konto fließen, der später für eine gemeinnützige Organisation gespendet wird oder Ähnliches.
- Beim Nudging geht es darum, die Umgebung zu verändern, um gesundes Verhalten einfacher zu machen. Zum Beispiel: Kleine Teller in der Kantine. Süßigkeiten und zuckerhaltige Getränke könnten weniger prominent platziert und schwerer zu erreichen sein als Salat, Gemüse oder Wasser. Gesunde Mahlzeiten werden auch oft mit grünen Labels markiert und ungesunde mit roten, was eine Signalwirkung hat.
Markierungen können anspornen, sich mehr zu bewegen: Wenn wir wissen, wie viele Schritte wir machen, wenn wir zum Wasserspender laufen, spornt es vielleicht an, das öfter zu tun. Und natürlich hilft es, wenn die Treppe einfacher zu erreichen ist als der Fahrstuhl.
- Damit Angestellte öfter aufs Fahrrad steigen, sollten die Rahmenbedingungen stimmen: Überdachte Parkplätze, Duschmöglichkeiten, Ladestationen für elektrische Fahrräder. Die Anzahl der Autoparkplätze könnte im Gegenzug verringert und somit weniger attraktiv gemacht werden. Hier könnte auch das soziale Prinzip nachhelfen: Wenn die Führungsetage sich öfter auf einem Fahrrad zeigt, erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass die Belegschaft auch dem guten Beispiel folgt.
Nudging und Metakognition
Mehr Wasser trinken als Kaffee, mehr Sport machen als Fernsehen, mehr mediterrane Kost als Pommes: Was behindert das Treffen guter, gesundheitsförderlicher Entscheidungen? Viele Handlungen vollführen wir automatisch – ohne groß darüber nachzudenken. Im Autopiloten greifen wir zur Chipstüte – obwohl wir keinen Hunger haben, ist die Tüte auf einmal leer. Abgelenkt oder gedankenversunken treffen wir Entscheidungen, die wir hinterher manchmal bereuen. Besonders bei Verhaltensweisen, die kurzfristig angenehmer sind oder bei denen sich unangenehme Konsequenzen erst langfristig bemerkbar machen, fällt die Selbstkontrolle oft schwer. Genau in diesen Bereichen setzen sowohl Nudges als metakognitive Fertigkeiten an.
Während Nudges die äußeren Anreize verändern, um ein gewünschtes Verhalten wahrscheinlicher zu machen, setzen metakognitive Fertigkeiten bei den inneren Faktoren an – den eigenen Gedanken und Gefühlen. Ein gutes megakognitives Bewusstsein und metakognitive Fertigkeiten können den gewünschten Nudging-Effekt zusätzlich boostern – oder Nudging überflüssig machen 😉.
Wenn nicht hilfreiche Gedanken uns „verführen“ wollen, wie zum Beispiel:
- “Ob ich nicht doch noch schnell von dahinten Schokolade hole, … “
- “Ob ich nicht doch heute ausnahmsweise den Aufzug nehme, weil ich doch schon Fahrrad gefahren
bin, …”
sind wir ihnen nicht ausgeliefert. Gefahr erkannt und schnell gebannt – die Fertigkeit der Losgelösten Achtsamkeit ermöglicht einen zielführenden Umgang mit inneren Ablenkungen (Gedanken, Gefühlen, Impulsen). Einmal gelernt, kann die Fertigkeit überall angewendet werden – unabhängig davon, ob die Umgebung durch einen „Entscheidungsarchitekten“ für uns genudgt wurde.
Gute metakognitive Skills helfen: die eigenen Denkprozesse zu steuern, sich schneller von ineffektiven Denkprozessen zu lösen, im Berufsalltag gelassen und produktiv zu bleiben und sich gesundheitsförderlich zu verhalten.