Wir sind auf der Zukunft Personal Nord: 26.-27. März

„When it’s too busy on the dance floor, go to the balcony.“

Ein Gespräch mit Jürgen van Zwoll, Senior Advisor ODGERS BERNDTSON.

Distanz_Interview_Juergen_van_Zwoll

In wichtigen Situationen emotionale Distanz gewinnen, „get off the dance floor, and up on the balcony“, eine Erfahrung, von der Jürgen van Zwoll beruflich profitiert und die er gerne mit uns teilt. Herr van Zwoll ist Senior Advisor bei einem international renommierten Unternehmen für Executive Search und Leadership Assessment.

Frank Steinhoff: Herr van Zwoll, Sie hatten von einer Schlüsselerfahrung Ihres Executive Programms bei einer renommierten Business School berichtet. Das hat mich neugierig gemacht. Ich bin deshalb sehr dankbar, dass wir den Gedankenaustausch zu Ihren Erfahrungen hinsichtlich der Bedeutung von emotionaler Distanz in herausfordernden Situationen heute zusammen mit unserer Psychologin, Catrin Bartel, fortsetzen können.

Jürgen van Zwoll: Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die ich aus dem zweijährigen Masterprogramm mitgenommen habe, wird durch die Metapher „When it’s too busy on the dance floor, go to the balcony“ auf den Punkt gebracht. Das Programm ist jetzt auch schon wieder 9 Jahre her, ich war damals noch mitten im Geschäft und diese Erkenntnis war insofern toll, weil das auch die Art und Weise verändert hat, wie ich Interviews führe. Ich habe gelernt, anders auf Situationen zu schauen und manche Muster besser zu verstehen, als ich das vorher getan habe.

Catrin Bartel: Das Programm war also relativ spät in Ihrer beruflichen Laufbahn.

Jürgen van Zwoll: Ja, das stimmt. Eine ehemalige Kollegin hat sehr positiv von dem INSEAD Masterprogramm „Consulting and Coaching for Change“ berichtet, obschon es ein vergleichsweise dickes Brett war: acht Module verteilt über zwei Jahre mit jeweils vier Tagen vor Ort, hinzu kamen Hausarbeiten und Referate. Wir haben zum Beispiel auch ein Shadowing gemacht: Sie begleiten dann einen Kommilitonen oder eine Kommilitonin zwei Tage wie ein Schatten durch den beruflichen Alltag. Das heißt, Sie sitzen bei jedem Meeting dabei, Sie hören alles – Sie sagen aber nichts, Sie schauen sich das nur an, beobachten die Verhaltensweisen, die Gruppendynamik und machen sich Notizen und diskutieren dann mit demjenigen bzw. derjenigen Ihre Erkenntnisse. Ich war zwei Tage mit der Personalchefin einer großen südafrikanischen Bank unterwegs – war also zwei Tage dabei, während sie Personalgespräche geführt hat, jemandem kündigen musste oder mit der Belegschaft eine Umstrukturierung verhandelte – das war sehr interessant. Anschließend mussten wir die Situationen besprechen und ein Paper zum Shadowing schreiben. Insgesamt war diese Erfahrung ebenso wie die Workshops auf dem Campus der Business School sehr intensiv. Für meine Masterthesis habe ich mehr gearbeitet als für meine Diplomarbeit. 

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Frank Steinhoff: Von dem zweijährigen Programm betonen Sie insbesondere die Erfahrung, auch in emotional angespannten Situationen leichter Distanz gewinnen zu können und den Überblick zu bewahren. Die Fertigkeit, auch unter Belastung diese distanzierte Haltung einnehmen zu können: Das ist genau das, was wir mit addisca vermitteln. Das gezielte Training dieser Fähigkeit gelingt uns tatsächlich in sehr kurzer Zeit und  mit verhältnismäßig geringem Aufwand. Zufällig war ich vor einigen Jahren in Kontakt mit einem Ihrer Professoren, der nicht an „Quick Fixes“ glaubt. Gleichzeitig sehen wir uns durch die guten Resultate unserer Trainings bestätigt: Bei Bedarf die Beobachterperspektive einnehmen zu können, betrachten wir als gut erlernbare Schlüsselkompetenz, die in den verschiedensten Lebenssituationen nützlich ist, beruflich wie auch privat.

Jürgen van Zwoll: Das Masterprogramm war im Gegensatz dazu natürlich ein Long-Shot. Aber wenn ich mit wenigen Worten zusammenfassen sollte, was bleibt davon besonders hängen, dann passt dieses schöne Bild: Wenn Du in einer „muddy situation“, also einer verwirrenden Situation bist, in der Du nicht so richtig weißt, wie Du Dich da jetzt positionieren sollst –„leave the dancing floor, and  go up to the balcony and look down“ – also nimm Dir Zeit,  tritt einen Schritt zurück, stell Distanz her, schau Dir die Situation an, versuche sozusagen von außen – so schwierig das manchmal auch ist – auf Situationen, auf die Teilnehmenden, auf die Konstellation, auf die Beziehung der Teilnehmenden untereinander zu schauen. Versuche, Dir klar darüber zu werden, was da eigentlich abgeht und was Deine eigene Rolle in diesem ganzen System ist und überleg Dir, wie Du wieder neu auf den Dancing Floor, also in die Handlung hineingehst und dann anders agierst. Ich denke dabei auch an das englische Sprichwort „strike when the iron is cold“.

Catrin Bartel: Ja, Konflikte sollten nicht in der Hitze des Gefechts ausgefochten werden. Interessanter Weise gibt es für viele Situationen passende Sprichwörter, die genau Gegensätzliches aussagen. So empfiehlt der Volksmund auch: „Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist“. Diese gegensätzlichen Sprichwörter verdeutlichen so wunderbar, dass unser Leben eben viel komplexer ist, als dass wir uns jederzeit von einfachen Denkmustern leiten lassen könnten. Wir benötigen mentale Flexibilität, um in unterschiedlichen Situationen einen klaren Kopf zu behalten und uns gut zurechtfinden zu können. Dafür müssen wir unserem gedanklichen und emotionalen Innenleben gegenüber eine gewisse Distanz einnehmen können. Deshalb ist es spannend zu hören, dass die Dance Floor Metapher Ihr wichtigstes Take Away aus dem Masterprogramm war. Denn genau dieses Bewusstsein – übertragen auf den Umgang mit unserem Denken – vermitteln wir in unseren Trainings, sozusagen um die Lebenserfahrung unserer Teilnehmenden zu beschleunigen. Wir erleben tatsächlich regelmäßig „Quick Fixes“, wenn Teilnehmende berichten, dass Ihnen dieser Perspektivwechsel im Alltag gelingt und sie aus dieser Perspektive heraus souveräner mit Situationen umgehen können und gelassener durch stressige Situationen kommen.

Jürgen van Zwoll: Es ist nie zu spät, denn der Mensch ist nie fertig. Das ist das Tolle am Leben.  

Lesen Sie mehr dazu im Teil 2 des Interviews „Gedanken-Yoga für Führungskräfte … und die es werden wollen.

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